Habits erkennen und behandeln: Parafunktionen bei Kindern und Erwachsenen
Was auf den ersten Blick harmlos erscheint, etwa das Nuckeln am Daumen oder das unbewusste Pressen der Zunge gegen die Zähne, kann schwerwiegende Folgen für die Zahn- und Kiefergesundheit haben. Solche sogenannten Habits treten bereits im Kleinkindalter auf, betreffen jedoch auch viele Erwachsene. Doch welche Auswirkungen haben diese Verhaltensmuster wirklich, und wie lassen sie sich erkennen und behandeln?
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste vorab
- Habits sind unbewusste, oft harmlos wirkende Verhaltensmuster – mit zum Teil schwerwiegenden Folgen.
- Kinder entwickeln häufig Habits wie Daumenlutschen oder Zungenpressen – dies kann Zahnfehlstellungen begünstigen.
- Erwachsene knirschen, beißen oder pressen aus Stress – auch hier drohen langfristige Schäden am Gebiss.
- Typische Folgen: Offener Biss, Kreuzbiss, Karies, Atemprobleme, Sprachstörungen.
- Frühbehandlung und Training (z. B. Logopädie, Mundvorhofplatte) helfen – wir beraten Sie gern an zwei Standorten in München.
Was sind Habits?
Der Begriff „Habits“ bezeichnet in der Kieferorthopädie unbewusste, regelmäßig wiederkehrende Verhaltensweisen im Mund- und Gesichtsbereich. Dazu zählen etwa das Saugen am Daumen, das Pressen der Zunge gegen die Zähne oder das Knirschen mit den Kiefern. Mediziner unterscheiden dabei zwischen funktionellen Parafunktionen – wie dem viszeralen Schluckmuster – und gewohnheitsbedingten Mustern, die meist früh in der Kindheit beginnen.
Diese Handlungen erfüllen oft eine beruhigende oder kompensierende Funktion, insbesondere bei Stress oder Unsicherheit. Problematisch werden Habits dann, wenn sie über das Kleinkindalter hinaus bestehen bleiben. Sie können die natürliche Entwicklung des Gebisses stören, das Kieferwachstum beeinflussen und langfristig zu Fehlstellungen oder funktionellen Beschwerden führen.
Typische Gewohnheiten bei Kindern & Erwachsenen
Im Kindesalter zählen zu den häufigsten Habits das Daumenlutschen, Nuckeln an Schnullern oder Stofftieren, das Einrollen der Lippen, das Pressen oder Saugen an der Zunge sowie die Mundatmung. Wenn solche Gewohnheiten über das vierte oder fünfte Lebensjahr hinaus bestehen bleiben, steigt das Risiko für eine Fehlentwicklung des Kiefers deutlich.
Bei Erwachsenen sind es häufig stressbedingte Parafunktionen, die unbewusst stattfinden – zum Beispiel nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus), unwillkürliches Zusammenpressen der Zähne oder wiederholtes Lippen- oder Wangenbeißen. Auch das ständige Kauen auf Stiften oder Nägeln zählt zu den typischen Gewohnheiten, die schädlich für die Zahnstruktur und den Zahnhalteapparat sein können.
Habit | Bei wem | Folge | Behandlungswege / Abgewöhnung |
Daumenlutschen | Kinder | Offener Biss, vergrößerte Frontzahnstufe, Kreuzbiss | Mundvorhofplatte, Motivation, Elternaufklärung |
Zungenpressen | Kinder und Erwachsene | Offener Biss, verformte Zahnstellung, gestörtes Schluckmuster | Logopädie, myofunktionelle Therapie, Zungengitter |
Lippen- oder Lippensaugen | Kinder | Fehlbiss, Lippenschluss gestört | Mundvorhofplatte, Verhaltensumstellung |
Nägelkauen | Kinder und Erwachsene | Abnutzung der Schneidezähne, Mikrotraumen im Weichgewebe | Verhaltenstraining, Stressreduktion |
Stiftkauen | Kinder und Erwachsene | Zahnfrakturen, Abrieb, Kiefergelenksprobleme | Bewusstmachung, Ersatzhandlungen (z. B. Knautschball) |
Wangenbeißen | Erwachsene | Weichteilverletzungen, Schmerzen beim Kauen | Verhaltenstherapie, ggf. Schienen |
Mundatmung | Kinder | Hoher Gaumen (Schmalkiefer), Infektanfälligkeit, Sprachstörungen | HNO-Abklärung, myofunktionelle Therapie |
Zähneknirschen (Bruxismus) | Erwachsene | Zahnschmelzverlust, Kiefergelenksprobleme, Verspannungen | Aufbissschiene, Stressmanagement, Verhaltenstherapie |
Schnullergebrauch (langfristig) | Kinder | Frontoffener Biss, Kieferfehlentwicklung | Begrenzung auf erstes Lebensjahr, MVP bei Persistenz |
Falsches Schluckmuster | Kinder und Erwachsene | Zahnverschiebungen, offene Bisslage | Logopädie, myofunktionelle Therapie |
Folgen unbehandelter Habits
Bleiben Habits über einen längeren Zeitraum bestehen, können sie gravierende Auswirkungen auf die Zahn- und Kieferstellung haben. Bei Kindern führen Gewohnheiten wie Daumenlutschen oder Zungenpressen häufig zu einem sogenannten offenen Biss – das heißt, die Schneidezähne von Ober- und Unterkiefer treffen beim Zubeißen nicht aufeinander. Ebenso kann sich eine vergrößerte Frontzahnstufe oder ein Kreuzbiss entwickeln, bei dem einzelne Zähne falsch über- oder untereinander stehen.
Darüber hinaus begünstigen manche Habits eine einseitige oder offene Mundhaltung, was wiederum zu Mundatmung und damit verbundenen Problemen wie häufigen Infekten, Atemstörungen oder einer gestörten Sprachentwicklung führen kann. Auch das Schluckmuster kann sich verändern, was langfristig die Zungenlage beeinflusst und die Position der Frontzähne destabilisiert.
Bei Erwachsenen zeigen sich die Folgen oft subtiler, aber nicht weniger relevant: Zähneknirschen und Stresspressen beanspruchen die Kaumuskulatur übermäßig, können zu Kiefergelenksbeschwerden führen und langfristig den Zahnschmelz schädigen. In vielen Fällen bleiben diese Symptome lange unbemerkt, bis es zu Schmerzen, Verspannungen oder funktionellen Störungen kommt.
Therapie & Behandlungsmethoden
Die Behandlung von Habits richtet sich nach Alter, Ausprägung und Ursache der jeweiligen Gewohnheit. Bei Kindern kommt häufig eine sogenannte Mundvorhofplatte (MVP) zum Einsatz – ein herausnehmbares Kunststoffgerät, das im Mundvorhof liegt und als sanfter Reizunterbrecher wirkt. Sie hilft dabei, das Saugen am Daumen oder das Pressen der Zunge zu beenden, und fördert eine physiologische Zungenlage sowie den Lippenschluss.
Begleitend kann eine logopädische Therapie sinnvoll sein, insbesondere bei einem falschen Schluckmuster oder bei Einschränkungen der orofazialen Muskulatur. Ziel ist es, funktionelle Abläufe wie Atmung, Schlucken und Artikulation zu normalisieren.
Bei Erwachsenen stehen das Bewusstmachen der Gewohnheit sowie Maßnahmen zur Stressreduktion im Vordergrund. Auch hier können individuell angepasste Schienen oder myofunktionelle Übungen hilfreich sein. In vielen Fällen empfiehlt sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, etwa mit HNO-Ärzten, Physiotherapeuten oder Osteopathen, um komplexe funktionelle Störungen ganzheitlich zu behandeln.
Prävention: Wie man Habits vorbeugen kann
Ein zentraler Baustein zur Vermeidung späterer Zahn- und Kieferprobleme ist die frühzeitige Erkennung von schädlichen Gewohnheiten. Eltern sollten bereits im Kleinkindalter auf Anzeichen wie Daumenlutschen, offenen Mund, häufiges Zungenpressen oder Lippenbeißen achten. Auch der Übergang vom Schnuller zum Becher sollte frühzeitig erfolgen – idealerweise im zweiten Lebensjahr.
Ab dem dritten oder vierten Lebensjahr kann eine erste kieferorthopädische Untersuchung sinnvoll sein, insbesondere wenn auffällige Habits bestehen bleiben. In dieser Phase lassen sich viele Fehlentwicklungen noch einfach korrigieren. Auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durch den Kinderzahnarzt oder den Hausarzt sind hilfreich, um Risiken frühzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Darüber hinaus spielt die Aufklärung eine entscheidende Rolle. Eltern, Erzieher und Betreuer sollten über die möglichen Folgen von Habits informiert sein und Kinder behutsam beim Abgewöhnen unterstützen. In vielen Fällen helfen kleine Motivationstechniken, etwa Lutschkalender oder Belohnungssysteme, um das Verhalten positiv zu beeinflussen.
Behandlung bei DENTAL ONE in München
In unserer Praxis DENTAL ONE behandeln wir Folgen von Habits mit einem ganzheitlichen und individuellen Ansatz. Bereits im Rahmen unserer kostenfreien Erstberatung erkennen wir mithilfe eines digitalen 3D-Scans und einer sorgfältigen klinischen Untersuchung, ob bei Ihrem Kind oder Ihnen selbst ein behandlungsbedürftiges Verhalten vorliegt.
Wir setzen auf bewährte Methoden wie die Mundvorhofplatte, myofunktionelle Therapie oder individuell angepasste Zahnschienen, abhängig vom Alter und vom Schweregrad der Gewohnheit. Dabei arbeiten wir bei Bedarf eng mit Logopäden, HNO-Ärzten und Physiotherapeuten zusammen.
FAQ zu Habits
Idealerweise sollte das Daumenlutschen bis zum dritten Lebensjahr beendet sein. Spätestens ab dem vierten oder fünften Lebensjahr kann es das Kieferwachstum negativ beeinflussen und eine kieferorthopädische Frühbehandlung erforderlich machen.
Diese Gewohnheiten zählen zu autoaggressiven Habits und können Zähne und Weichgewebe schädigen. Eine Verhaltensbeobachtung, gezielte Motivation zur Abgewöhnung und gegebenenfalls eine Mundvorhofplatte oder logopädische Begleitung können helfen.
Typische Hinweise sind morgendliche Kiefer- oder Kopfschmerzen, verspannte Kaumuskulatur oder abgeschliffene Zahnflächen. Auch Partner berichten oft über Knirschgeräusche im Schlaf. Eine genaue Diagnostik erhalten Sie bei Ihrer Kieferorthopädin oder Ihrem Zahnarzt.
Die Kosten für eine Mundvorhofplatte variieren je nach Behandlungsumfang. In der Regel liegen sie bei mehreren hundert Euro. Bei rechtzeitiger Behandlung können dadurch spätere aufwändige Maßnahmen vermieden werden. Wir erstellen Ihnen bei DENTAL ONE einen transparenten Kostenplan.
Beides kann sinnvoll sein. Bei funktionellen Störungen wie Zungenpressen oder Mundatmung empfiehlt sich die parallele Betreuung durch Logopädie und Kieferorthopädie. Wir beraten Sie gerne individuell und koordinieren bei Bedarf eine interdisziplinäre Behandlung.